<p>Vom Armeetanklastwagen zum zivilen BP Tankwagen</p>
Kurt lehnte am Werkbank an, ich vis-a-vis von ihm an einem Willys Jeep und als ich die Flaschenöffnung des kalten Burgdorfer Biers an meine Lippen hielt, sah ich ihn. Hinter Kurts Rücken, an der Wand, zierte er das Kalenderblatt des Septembers 2015. Diese Szene spielte sich im Jahr 2019 ab und dieses «Fürabebier» veränderte viel. «Das da, wär ou no ä Troum vo mir», bemerkte ich, während mein Blick noch immer an Kurt vorbei ging. Um ihm meine Gedankengänge näher zu bringen, zeigte ich mit dem Bier in der Hand auf den Kalender hinter ihm. Kurt drehte sich um. «Ä Tanklaschtwage?»
«Genau!» Kurt nahm den Kalender von der Wand und gemeinsam beäugten wir den alten Berna mit dem heruntergezogenen Tank. «Dä ghört am Stutz Wauter, villech het är ne no», bemerkte Kurt. Ich solle dem doch mal telefonieren, der Walter sei schliesslich auch nicht mehr der Jüngste, ein Anruf könne ja nicht schaden. Da ich zu dieser Zeit bereits im Besitz von zwei alten Lastwagen war, kam der Kauf eines Dritten nicht in Frage, selbst bei meinen komfortablen Platzverhältnissen eines umgebauten Kuhstalls nicht.
Die Wochen und Monate vergingen, doch der Tanklastwagen ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Denn es war nicht irgendein Tanklastwagen, es war der, mit dem eingekleideten, in Umgangssprache, dem «Heruntergezogenen» Tank. Auf Amerikanisch würde man diesem beinahe schon «Air-Stream» Karosserie sagen, was natürlich grossartig klingt, an sich aber nichts anderes als «Windschlüpfrig» bedeutet. Und es war ein Berna. Ob Saurer oder Berna wäre mir an sich egal, ich bin von beiden Marken gleichermassen begeistert, der Berna jedoch hat meiner Ansicht nach die schönere Maske mit dem zum Spitz verlaufenden Kühlergrill und der entsprechend angepassten Stossstange. Da in der Gerüchteküche gemunkelt wurde, dass der Stutz Walter seine Sammlung verkleinern wolle, entschied ich mich den Walter anzurufen. Unter Saurerfreunden duzt man sich, so sprach ich den Herrn Stutz von Anfang an mit Walter an, schliesslich sind wir beide Mitglieder im Saurer Club Schweiz. Der Patron aus dem Aargau machte am Telefon einen gestressten Eindruck, aber ja, den Tanklastwagen habe er noch. Er wusste zwar nicht genau von welchem ich redete, denn bei ihm stünden gleich drei dieser Tanklastwagen. Nun gut. Er bot mir an, die Lastwagen einmal zu besichtigen, doch die Umsetzung dieses Angebots erwies sich als schwieriger als gedacht. Als ein Termin gefunden werden konnte, rief ich sicherheitshalber kurz vorher in der Firma an und da hiess es, der Walter habe einen Hirnschlag erlitten, er befinde sich noch in Rehabilitation, ich solle mich in ein – zwei Monaten wieder melden. Ich liess den Winter passieren und im Frühling 2020 machte ich einen neuen Termin aus. Am Telefon klang Walter zwar noch etwas angeschlagen, doch gemäss eigenen Aussagen längst wieder im vollen Einsatz. Anfangs Juni stand ein Besichtigungstermin fest und mit meinen Saurerfreunden, den Schaffers, fuhr ich nach Nesslenbach bei Melingen. In einer riesigen Halle, einem Neubau, standen mehrere alte Lastwagen, vornehmlich der Marke Saurer, aber auch Bernas, FBWs und andere Exoten waren vertreten. Mitten in der Halle war eine Wand aus Paletten aufgeschichtet, Saurerteile so weit das Auge reicht, neue Achsen, Türen, Kotflügel und vieles mehr das sicherlich über viele Jahre die Zukunft von so manchem technischen Zeitzeugen sichert. Walter war sehr redselig, er erzählte uns Geschichten von früher, ging ins Detail wenn er von Fahrzeugreparaturen berichtete, seinen Stolz über die erlernten Fachkenntnisse hielt er nicht zurück. «Die Junge vo hüt chönt da nüme, da isch alles farbi», wiederholte er einige Male. Bei den Tanklastwagen, dem eigentlichen Grund unseres Besuches, hatte ich die Qual der Wahl. Es hatte wie bereits erwähnt, drei Tanklastwagen, wobei nur einer in schönem und fahrbereitem Zustand war. Die beiden anderen standen im Untergeschoss, bei einem wurden bereits der Motor und diverse andere Teile entnommen, so dass der mehr nach einem Projekt, als nach einem realisierbaren Traum aussah. Der andere war ein FBW und der gefiel mir von der Kabine her weniger und auch der wäre ein Restaurationsprojekt gewesen. So unterzogen wir noch den 1958er Berna einer genaueren Inspektion, ein Ex-Tankfahrzeug der Armee, ein Berna 5UL. Dieser schien tatsächlich in gutem Zustand zu sein, Walter versicherte mir: «Do chasch nor ystige und losfahre!» Gesagt – getan, montierten wir die mitgebrachten Händlerschilder und mit Kurt machte ich eine kurze Probefahrt. Diese erste Fahrt im Berna verlief wie erwartet ohne Zwischenfälle und somit anstandslos. Die Pneus waren glasig hart, bei den ablesbaren 140000 km konnte es gut sein, dass es noch die erste Bereifung war. Nun gut, der Entscheid war gefällt, es war der Tanklastwagen auf dem Kalenderblatt in Kurts Garage, der hatte mir auf dem Foto bereits sehr gut gfallen, er gefiel mir in Echt ebenso gut, also entschied ich mich für diesesn Berna. Nach einer kurzen, aber harten Verhandlung waren wir uns preislich einig und so wurde auf der Rückseite eines Menuekärtlis ein Kaufvertrag geschrieben und tausend Franken angezahlt.
Einige Wochen später.
Nach diversen Telefonaten mit dem umtriebigen Walter Stutz über Tage und Wochen verteilt, vereinbarten wir endlich den Abholtermin für den Berna. Am 23. Juni 2020 war es dann soweit. Zu dritt fuhren wir, Aschi, Kurt und ich, in Richtung Nesselnbach bei Melingen AG. Walter Stutz war einmal mehr im Stress, er hatte einen Termin bei der Physio, daher wurde die Fahrzeugübergabe zur Schnellsten die ich je erlebt habe. Auf dem Trittbrett des Bernas breitete ich die Geldscheine aus, während Walter den durch mich vorbereiteten Kaufvertrag ohne zu lesen unterzeichnete. Der Schlüssel steckte, die Batterie wurde durch Aschi montiert, ein kurzer Knopfdruck und die Sechszylinder erwachten in den dunklen Kammern des Motors aus ihrem Schlaf. Eine schwarze Rauchwolke und die Berna Fanfare spielte gleichmässig auf. Aschi lachte und meinte spontan: «dä tönt ja wie ne nöie Laschtwage!» Noch ehe die Luftkammern gefüllt waren, manövrierte ich das Monstrum nach draussen auf den Vorplatz. nach kurzem Händeschütteln brauste Walter in seinem BMW Kombi davon, nun waren wir drei unserem Schicksal selber überlassen. Wir besprachen kurz die Fahrroute, dann setzte ich mich hinter das grosse Lenkrad mit dem Bärenemblem im Zentrum und die Überführungsfahrt ins Emmental konnte beginnen. Die beiden pensionierten Chauffeure und Schweiz Kenner, stellten eine grossartige Route zusammen. Bei schönstem Wetter fuhren wir am Hallwilersee entlang, mit Blick auf den Titlis während der abgestandene Diesel im Tank für schwarze Rauchschwaden sorgte. Als ich in den linken Rückspiegel blickte, erinnerte mich der Moment stark an eine Szene aus dem Film Duell von Starregisseur Steven Spielberg. Der kernige Motorensound, die schwarzen Rauchschwaden die am alten Tankaufbau vorbeizogen, es fehlte nur noch der rote Chrysler Valiant und die düstere Musik. Und an Stelle des schweissgebadeten David Mann der von der Angst des bösen Tanklastwagens getrieben durch die übergrosse Hornbrille blickt, fuhr mein Sauregötti, der Trüssel Aschi entspannt und mit einem breiten Grinsen hinter uns her. Nein, der Berna Tanklastwagen hatte weiss Gott keine bösen Absichten, sicher auch nicht meine Wenigkeit als Lenker, unser Ziel war es, sicher und ganz im Emmental anzukommen.
Der alte Tanklastwagen brachte uns wie erwartet sicher nach Hause. Alles hatte einwandfrei funktioniert, sämtliche Anzeigen, ebenfalls die Motorbremse und auch die Halbgangschaltung. Einmal mehr überzeugte mich die Ingenieurskunst, welche wir Schweizer in der damaligen Zeit noch beherrschten. Zweiundsechzig Jahre auf dem Buckel und keine Anzeichen von Schwächeln. Im Gegenteil. Der rüstige Rentner zeigte uns dreien was die Mechanik von früher alles kann! Daheim stellte ich den Berna rückwärts in den ehemaligen Kuhstall und so blieb er unverändert einige Monate stehen.
Während dieser Zeit beschäftigte ich mich intensiv damit, was ich aus dem Armee-Tanklastwagen machen wollte. Ich arbeite bei der Uniform, wahrscheinlich will ich daher keine Behördenfahrzeuge in meinem Stall. Also musste ich mich auf eine Treibstoffmarke entscheiden, welche mir gefiel. Spontan meinten alle SHELL. Klar, Shell kennt jeder, Shell ist auch schön in den Farben und die Muschel ist einfach sympathisch. Aber aus genau diesen Gründen wollte ich keinen Shell. Ich startete eine Umfrage auf Facebook – rein aus Neugierde – und wieder war die Top-Antwort: Shell. Ich entschied mich schlussendlich auf BP. Esso wäre noch in Frage gekommen, etwas exotisches was es in der Schweiz nie oder nur kurz gab, kam für mich nicht in Frage. BP ist gross, BP ist bekannt, BP ist farblich auch schön. Manchmal braucht man das Glück nicht zu suchen, es findet einen. So bei mir passiert! Als ich eines Tages zufällig in der Firma LOWAG auftauchte, traf ich auf einen Autolackierer, der gerade dran war, ein Feuerwehrfahrzeug zu lackieren. Ein Wort wechselte das andere und eine Woche später stand Wale bei mir. Wir besprachen das Projekt Berna Lastwagen und nach einer ungefähren Offerte und eingehender Beratung legte ich in der zweiten Aprilwoche 2021 los. Eigentlich hatte ich mir fest vorgenommen, so wenig wie nur möglich zu demontieren, schliesslich ist es ein Lastwagen und deswegen beabsichtigte ich keine Doktorarbeit zu machen. Da jedoch bereits die Kotflügel schwarz werden sollten, kam ich ums Demontieren dieser nicht herum. Die hinteren hätte man gut abdecken können, doch plötzlich verlor ich mich im Demontierwahnsinn und ein Grossteil des Hallenbodens wurde mit abgeschraubten Bernateilen belegt. Nach wenigen Tagen waren sämtliche Kotflügel, die Stossstange, Lampen, Rückspiegel und Blinker demontiert gewesen. Gerade der Anblick von Vorne war furchteinflössend. Der Berna glich nun mehr einem Kriegsopfer als einem ehemaligen Armeefahrzeug. Zum Glück hatte ich die heiklen Teile alle fotografisch festgehalten, die Schrauben in verschiedene Büchsen verräumt und angeschrieben, was mir später bei der Wiedermontage helfen soll. Die einst makellos geglaubte Substanz des Armeelastwagens brachte bei der schrittweisen Demontage doch ein paar Unschönheiten zum Vorschein. So wiesen zum Beispiel die beiden Kabinenecken bei den Kotflügeln Durchrostungen auf, linksseitig war das faustgrosse Rostloch vom Vorgänger kurzerhand mit einem Blech zugenietet worden. Wann immer ich Rost mit Fahrzeugen in Verbindung bringe, zieht dass auch einen faden Beigeschmack in Sachen Kosten nach sich, so habe ich das immer im Hinterkopf gehabt. Ein Spengler muss Bleche einsetzen, schweissen, ausbeulen, nachbessern und dies alles verschlingt Unsummen von Gelder. Wieder stand das Glück auf meiner Seite, als mich der Toffen Fränzu, an einen bezahlbaren Spengler verwies. Stefan erklärte mir am Telefon mit beinahe schlechtem Gewissen, dass er die Arbeitsstunde mit 30.- berechne. Als ich ihm spontan sagte, ober noch 1970 lebe, war es still am anderen Ende. Auch er nahm einen Augenschein von den bevorstehenden Arbeiten und willigte anschliessend zu, sich dem Berna anzunehmen. Der Kostenvoranschlag belief sich auf 500.- was für mich mehr nach einem Witz, als nach einer serjösen Offerte klang. Und wer nun glaubt, der Stefu arbeite halt für den Wert von 30.-, der täuscht sich!! Nach einem ganzen Arbeitstag in meiner Halle waren sämtliche Roststellen behoben, Bleche wurden eingesetzt, Löcher in Kotflügeln die nicht mehr sein sollen wurden zugeschweisst, jene auf dem Dach nach der Demontage des Dachträgers ebenfalls. Die Schweissstellen verschliff ich selber, so konnten die Spenlgerarbeiten bei Pizza und einem Bier wohltuend beendet werden. Mit der von Stefan gemachten Arbeit war ich bestens zufrieden, er hoffentlich mit meiner nach oben aufgerundeten Bezahlung auch. Nach zwei Wochen demontieren und verschleifen der Schweissstellen, schmerzten alle meine Finger, diverse Stellen hatten Schnatten und Schürfungen. Meine Finger glichen denen eines alten Dorfschmieds, nachdem er zehn Pferde beschlagen hat.
Wale, der Lackierer, schaute hie und da vorbei und gab mir Tipps wie weiter. Eines Tages stand er mit seinem Audi-Kombi voll Ware vor der Garage, Material, welches ich benötige um den Lastwagen zu schleifen. Zig Schachteln mit den verschiedensten Körnungen von Schleifpapier, in runden Formen, in eckigen, in langen eckigen, Scotch und Klebeband wurde mir in diversen Kisten übergeben, dazu ein professioneller Rutscher der direkt an einem Staubsauger verbunden war. Für diese Arbeit nahm ich zwei Wochen Ferien. Meine Frau stellte mir die Remise zur Verfügung, so wurde der Lastwagen rückwärts in den alten Schuppen gestossen. Mit den Schleifarbeiten kam ich gut vorwärts, mehr Zeit brauchte die Demontage der seitlichen Treppen am Tank, dies links und rechts. Auch diese dicken Schweissraupen die übrig blieben, mussten wieder mit dem Winkelschleifer flach geschliffen werden. Die grossen Flächen liessen sich gut anschleifen, mehr Zeit brauchte ich für die Kabine, mit all ihren Winkeln und Ecken, Türen und Motorenraum.
Mitte Juli wurde der Lastwagen mit Spritzfüller lackiert. Da der Spritzfüller ziemlich dick ist und es weniger eine Rolle spielt ob noch ein Stäubchen eingeschlossen wird, war die Remise der ideale Ort dazu. Mehr oder weniger den ganzen Lastwagen inkl. Tank lackierte der Meister komplett mit dem 2 Komponenten Spritzfüller. Bald einmal einigten wir uns auf einen Lackiertermin. An diesem 11. September 2021 sollte in der Firma LOWAG, deren Geschäftsführer ein guter Freund ist, der Lastwagen in einer professionellen Lackierkabine mit grüner Farbe versehen werden. Für mich ein monumentaler Moment, verlor ich bis dahin doch mehrere hundert Arbeitsstunden am Lastwagen. Bevor jedoch die definitive Farbe aufgetragen werden konnte, hiess es noch einmal schleifen. Nämlich alles was mit Srpritzfüller lackiert wurde, musste wieder mit 240er Schleifpapier geschliffen werden. Dies, weil die natürliche Orangenhaut welche beim Auftragen von Spritzfüller entsteht, wieder flach geschliffen wird. Und wenn ich schon dran sei, soll ich gleich den gesamten Lastwagen noch einmal mit derselben Körnung schleifen. Anlässlich des Lackiertermins nahm ich wieder eine Woche Ferien. Jawohl, im 2021 bezog ich reine Berna-Ferien… Am Freitag, einen Tag vor dem Lackiertermin, inspizierten Wale und ich noch einmal das gesamte Fahrzeug. Der Lackierer gab nun das Gut zum Lackieren! Vorher jedoch galt es, einen grossteil vom Fahrzeug abzudecken. Unten herum, Motorraum, Scheiben und andere Stellen wurden mit Papier oder Plastik abgedeckt, beklebt oder mit alten Duschgardinen zugedeckt.
Zu den BP Farben:
Wer glaubt, BP Grün sei BP Grün und BP Gelb sei BP Gelb, der irrt. Als Wale in der Farbenkartei unter BP nachschaute, stellte er bald einmal fest, dass es weit über 50 verschiedene BP Grün und ca. gleich viele Gelb gibt! Das Grün wurde je nach Fahrzeugmarke und Land unterschiedlich gehalten. So hatte DAF z.B. nicht dasselbe Grün wie Mercedes oder MAN. Dann hatte nahezu jedes Land andere Farben und das Ganze unterschied sich in den Jahren noch. Langer Rede kurzer Sinn, ich entschied mich eine alte, originale BP Büchse als Farbmuster zu verwenden. Deren Grün, bzw. Gelb gefiel mir besonders gut und es sah so echt, so alt aus. So hielt ich den Fächer mit den RAL Farbmuster an die Büchse und verglich. Die glaublich richtigen eruiert, erstellte Wale mir Spritzmuster mit den verschiedenen Farben. Beim Grün kristallisierte sich bald einmal das «Laubgrün» heraus und dieses blieb dann auch. Das Gelb wurde dann noch zu einer Knacknuss. Dank Budi, einem guten Freund der bereits einen BP Saurer Lastwagen hat, konnte ich dessen Gelb als Muster verwenden und dieses passte hervorragend zum Grün! Wale meinte: «Im Grüen isch viu vom Gäub drinne, u im Gäub isch viu vom Grüen drinne, darum passt das so guet zäme».
Samstag, 11. September 2021, 08:00 Uhr
Lackierermeister Wale und seine rechte Hand, Björn, standen bald einmal in Vollmontur zum Lackieren bereit. In den raumfahrtähnlichen Anzügen mit Schutzmaske tauchten sie in die Lackierkabine ein und trugen die erste Schicht Grün auf. Meine Wenigkeit wartete vor der Lackierkabine und war gleich nervös, wie als es damals um die Geburt meines Sohnes Aaron ging. Ob wirklich alles gut gehe, sähe man erst nach dem ersten Durchgang beim Auftragen der definitiven Farbe, eben dem BP Grün, meinte Wale. Es könne sein, dass die alte Farbe sich doch nicht mit der modernen vertrage und sie daher abstosse. Zum Glück trafen all die schlechten Möglichkeiten nicht ein, die Farbe Grün verteilte sich prächtig auf den Flächen und gab beim ersten Betreten der Lackierkabine ein herrliches Bild ab. Ich war sehr begeistert ab dem Kunsthandwerk der beiden Lackierer, die sich toll absprachen und ein perfekt eingespieltes Team bildeten. Nach einer guten halben Stunde Antrocknungszeit wurde die zweite und letzte Schicht aufgetragen. Eh voilà, fertig war der BP Tanklastwagen. Wahnsinn dachte ich für mich, als ich realisierte, wie viele Stunden in in dem Wagen steckten. Es ist so wie Wale mir sagte: 90% Vorarbeit, 10% Lackierarbeit. Aber wenn diese 90% nicht sauber umgesetzt würden, müsse er mit den 10% erst gar nicht beginnen… Wahrscheinlich hatte ich meinen Teil gut umgesetzt, denn das Endprodukt begeisterte auch die beiden Maler.
Schon am Montag, zwei Tage nach dem das Grün aufgetragen wurde, trafen sich Wale und ich wieder in der LOWAG. Der ganze Lastwagen wurde in Plastik eingehüllt (die Farbe war komplett trocken), nur ein schmaler Streifen wurde frei gelegt, dieser bekam nun die zweite BP Farbe, das BP Gelb. Unglaublich was dieser schmale Streifen ausmachte! Ich sah vor meinem geistigen Auge bereits den fertigen BP Tanklastwagen vor mir, die Kollegen der LOWAG meinten: «Jetz no ä John Deere Chläber u dä isch perfekt!!» Tatsächlich ähneln sich die Farben von BP und John Deere sehr. Ich brauche nicht zu erwhänen, dass ich den Lastwagen in einem John Deere lastigen Lohnunternehmen lackierte… gelb-grün war an diesem Montag stark vertreten! Noch am selben Tag wurde der frisch lackierte Tanklastwagen von einem gelb-grünen Traktor nach Hause überführt.
Nun galt es die Anbauteile einzeln unter die «Hüpple» zu nehmen. Lampenfassungen, Sockel, Abschleppvorrichtungen, Rückspiegel, etc. anschleifen oder abbeizen. Die Trittbretter aus Riffel-Aluminiumblech beizte ich ebenfalls ab, diese sollen fortan unbehandelt in Alu bleiben.
Bei meinem Folienmeister, dem Ruch Stephu, war ich im September 2021 ebenfalls zu Besuch. Mit ihm habe ich das Logo: BP ENERGIC – ENERGOL erarbeitet und geplant. Stephan der Plottermeister verbrachte Stunden am Computer um meine Wünsche in die Realität umzusetzen. Bis wir uns nur schon entscheiden konnten, ob gelbe Folie und Schrift grün belassen, oder die Schrift Gelb mit Schatten, welche Schrift, wie gross das BP Logo in der Mitte, war ein ganzer Abend vorbei. Da er die Originalschrift ENERGOL – ENERGIC nicht finden konnte, zeichnete ich diese in aufwendigen Stunden mit Tuscheschreiber auf ein A4 Blatt. Es war nicht leicht, anhand eines Internet-Ausdrucks, die einzelnen Buchstaben zu vermessen, inkl. Schatten und diese dann vergrössert und originalgetreu auf Papier zu übertragen. Doch das Werk gelang und Stephan vektorisierte die Schrift auf dem Computer wo er wiederum die Feinarbeit umsetzte. Beinahe wären wir wieder ins alte Fahrwasser abgetaucht und hätten eine Negativ-Folie gemacht. Dann hätte ich mit Pinsel und Farbe die Leerstellen ausmalen und die Folie abziehen können. So ungefähr wäre es 1958 gemacht worden, man bezeichnet dies als Schabloniertechnik. Da bei Schäden oder geistigen Wandlungen die Buchstaben einfach abgelöst werden können, blieben wir beim Folieren. Wer weiss, ob ich den Wale in ein paar Jahren noch einmal missbrauchen werde, weil mir SHELL plötzlich doch besser gefällt…
Im Juli 2022 konnte ich nach fast dreijähriger Arbeit den Berna Tanklastwagen voller Stolz beim Strassenverkehrsamt in Bern vorfahren. Eine knappe Stunde später wurde der Stempel mit dem Code 180 für Veteranenfahrzeug in den Fahrzeugausweis gedrückt und ich war überglücklich.